Kinder und Jugendliche in der Coronavirus-Pandemie

Die Coronavirus-Pandemie und die Versuche der Eindämmung prägten das Jahr 2020. Sie führten zu weltweiten Ausnahmeerfahrungen, so auch in Österreich.

Die Belastungen der Coronavirus-Krise waren speziell für Kinder und Jugendliche groß. Obwohl sie gesundheitlich weniger gefährdet sind, wurde ihr Alltag durch die Pandemie auf den Kopf gestellt: Kindergärten, Schulen, Fachhochschulen und Unis machten dicht, Lokale, Clubs, Tanzstudios und Freizeitanlagen waren gesperrt, Konzerte und Ferienlager abgesagt, Freunde treffen, Homeparties und Kindergeburtstagsfeste verboten. Alleine zu Hause bleiben war angesagt. 
Der erste Lockdown im Frühjahr war durch Sorge, Unsicherheit und gänzlich neue Erfahrungen wie Schulschließungen, allgemeines Homeoffice und strenges physical distancing gekennzeichnet. Danach erlebten viele einen entspannteren Sommer, dem im Herbst und Winter mit (wie vorausgesagt) hohen Infektionszahlen erneut Schulschließungen, Kontaktverbote, Maskenpflicht, AntigenTestungen und Lockdowns folgten.
Die Ergebnisse einer großen internationalen Studie1, die Umfrageergebnisse des ersten Lockdowns aus 42 Ländern verglich, sind hier interessant:

HERAUSFORDERUNGEN
Im ersten Halbjahr 2020 überwogen bei jungen Menschen die Sorge sich zu infizieren, die Angst vor Erkrankung oder dem Tod von Angehörigen. Im Laufe des Jahres mit zunehmendem Wissen über SARS-Covid-19 verringerte sich die Angst trotz steigender Infektionszahlen.
Kinder in Österreich gaben im Vergleich zum internationalen Durchschnitt häufiger an, dass sie Freund* innen und Großeltern nicht mehr sehen konnten sowie die Notwendigkeit, zu Hause zu bleiben. Social und physical distancing wurde in Österreich offensichtlich sehr streng eingehalten. Hierzulande nannten Kinder als Herausforderung besonders häufig die Schließung der Schulen und die Umstellung auf Home Schooling. Auch Absagen von Freizeitaktivitäten oder Sportkursen stellten sich mit der Zeit als Belastung heraus. Mit all diesen Umstellungen gingen eine fehlende Tagesstruktur, eine ständige Nähe zu Eltern und Geschwistern und Gefühle von Langeweile, von Isolation, Angst oder Traurigkeit einher.
Eine weitere Belastung für Kinder und Jugendliche entstand durch den Stress der Eltern in Bezug auf möglichen Jobverlust, Umstellungen in der Arbeitssituation oder Belastung durch Homeoffice. Dadurch entstanden auch innerfamiliäre Auseinandersetzungen und Konflikte. Rat auf Draht2 verzeichnete 30 Prozent mehr Anrufe, viele davon in den Nachtstunden.

BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN
Frische Luft, Bewegung, Freizeitaktivitäten und Zeit mit der Familie erleichterten den Lockdown. Eine der wichtigsten Ressourcen zur Bewältigung der Ausnahmesituation waren tragfähige Beziehungen innerhalb und außerhalb der Kernfamilie. Teile des sozialen Lebens verlagerten sich in den virtuellen Raum. Die persönlichen Treffen konnten allerdings nur bedingt ersetzt werden.

MEDIENNUTZUNG
Handy und Co kamen vermehrt zum Einsatz, um Kontakt zu halten, aber auch für Zerstreuung, Stichwort TikTok. Sie wurden eingesetzt, um die eigene Stimmung zu regulieren und ermöglichten den zeitweisen Rückzug von Familienmitgliedern. Auch dienten sie stärker Lern- und Informationszwecken. In den Familien stellte sich noch häufiger die Frage nach der Regulierung der Medienzeit. Der Zugang zu Medien und digitalen Geräten war und bleibt wichtig. Der ungleiche Zugang zeigte sich auch im Zugang zu Bildung.

POSITIVE ERGEBNISSE
Beim Wissen zum Virus (Herkunftsland, Risikogruppen, Symptome und Maßnahmen) schnitten die befragten Kinder in Österreich überdurchschnittlich gut ab. Im Großen und Ganzen zeigte sich, dass viele junge Menschen sich in ihren Familien wohl fühlten und Eltern ein hohes Maß an Sicherheit und Geborgenheit vermitteln konnten.

BESONDERE BELASTUNGEN
Spezielle Herausforderungen stellten sich für Kinder und junge Menschen mit chronischen Erkrankungen und jene, die auf regelmäßige Therapien angewiesen waren. Auch jene, die von der Jugendhilfe betreut werden, in Wohngemeinschaften oder in schwierigen Familiensituationen leben oder jene, die von Gewalt betroffen sind, waren von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie massiv betroffen. Viele der therapeutischen und psychosozialen Unterstützungen wurden zeitweise ausgesetzt.

AUSBLICK
Mit Ende 2020 zeichnete sich ab, dass die Pandemie noch nicht im Griff ist. Infektionszahlen blieben trotz Lockdowns auf hohem Niveau. Die Compliance der Bevölkerung ließ nach und die vielzitierte Coronamüdigkeit befiel nicht nur Eltern, Arbeitende und Angehörige, sondern auch zunehmend junge Menschen. Fragen nach der nahen und mittelfristigen Zukunft stellen sich, Entscheidungen zu Ausbildungswegen oder Jobbewerbungen sollten getroffen werden, Abnabelungsprozesse sind eingefroren, unbeschwerte Kontakte zu neuen Menschen - ein zentrales Entwicklungselement der Jugend - sind verpönt... all das bringt Niedergeschlagenheit, Ängste, Motivationsverlust und Freudlosigkeit gepaart mit klinischen Diagnosen (Essstörungen, Angststörungen etc.) mit sich. So füllen sich derzeit die Psychiatrien sowie psychologischen und psychotherapeutischen Praxen.
Als direkte Antwort auf die Krise müssen psychosoziale Unterstützungen schnell, niederschwellig und kostenfrei angeboten werden, um bei der Krisenbewältigung zu helfen und Chronifizierungen zu vermeiden.


1 "Kinder, Covid-19, Medien" Osterreichische Kinder im Lockdown, FH-Prof.in Mag.a Dr.in Christina Ortner, FH Hagenberg
2 www.rataufdraht.at