Kinder und Jugendliche als Patienten

Patientin bzw. Patient ist jemand, der sich in medizinische Behandlung begibt. Grundlage für diese Behandlung ist ein Vertrag, genauer gesagt ein Behandlungsvertrag. In diesem vereinbart der Patient bzw. die Patientin mit dem Arzt/Ärztin oder Krankenhaus, welche Behandlung vorgenommen wird. Um so eine Vereinbarung abzuschließen muss der Patient bzw. die Patientin entscheidungsfähig sein. Das heißt, er oder sie muss fähig sein, die Bedeutung (Tragweite, Folgen, etc.) der Entscheidung im Zusammenhang der Umstände zu verstehen und danach einen Willen zu bilden.

Für gewöhnlich werden Kinder und Jugendliche im Geschäftsleben durch ihre gesetzlichen Vertreter, in der Regel ihre Eltern (§173 Abs 1 ABGB) vertreten. Es gibt allerdings Ausnahmen.
So dürfen 14-18 Jährige in einem gewissen Rahmen eigenständig entscheiden, beispielsweise was sie mit ihrem Taschengeld machen (§ 170 ABGB).

Darüber hinaus gibt es auch speziellere Regelungen für Entscheidungen in besonders wichtigen Lebensbereichen von Kindern und Jugendlichen.
So ist zum Beispiel ein Lehrlingsvertrag vom Jugendlichen selbst zu unterzeichnen, er bedarf jedoch der Zustimmung seiner Eltern (§12 BAG).
Ähnliche Sonderregelungen gibt es für medizinische Eingriffe bei Kindern und jugendlichen Patienten.

Einwilligung in die Behandlung: Wer entscheidet?
Vor jeder medizinischen Behandlung muss eine Aufklärung über den Eingriff und damit verbundenen Risiken durch einen Arzt/Ärztin erfolgen. Um einer Behandlung wirksam zustimmen zu können, muss der Patient bzw. die Patientin in der Lage sein nach der Aufklärung zu verstehen um was es bei der Behandlung geht, die Risiken abzuschätzen und im Anschluss daran eine Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung – Zustimmung zu einer Behandlung oder deren Verweigerung – ist oftmals schwerwiegend. Daher muss in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob die Person in der Lage ist alle Für und Wider abzuwägen und diese Entscheidung selbstbestimmt zu treffen. Das ist besonders wichtig, da medizinische Fragen oft komplex sind und die Betroffenen sich in einer Ausnahmesituation befinden.

Ist ein Jugendliche/r oder ein Kind jedoch entscheidungsfähig kann er oder sie nur selbst in medizinische Behandlungen einwilligen. Diese Entscheidungsfähigkeit wird in Zweifelsfällen beim 14-18 Jährigen vermutet.
Liegt diese Entscheidungsfähigkeit nicht vor, entscheiden der gesetzliche Vertreter.
Das heißt: Ob ein Kind oder Jugendliche/r selbst entscheidet oder bei dieser Entscheidung vertreten wird, ist einzelfallabhängig und hängt allein von der Reife und Entscheidungsfähigkeit des/der Jugendlichen bzw. des Kindes ab.

Sonderfall: Schwerer Eingriff bei Minderjährigen
Eine weitere Sonderregel gibt es in Bezug auf schwere Behandlungseingriffe. Schwer sind Behandlungen, bei denen für gewöhnlich mit einer schweren oder dauernden körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung zu rechnen ist. Bei diesen Eingriffen müssen sowohl das betroffene, entscheidungsfähige Kind als auch die Eltern bzw. der gesetzliche Vertreter zustimmen (§173 Abs 2 ABGB).

Eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters alleine genügt hier nur, wenn eine ärztliche Bestätigung vorliegt, die belegt, dass das Kind bzw. der/die Jugendliche nicht entscheidungsfähig ist und die Behandlung zu seinem Wohl erforderlich ist.
Fehlt eine ärztliche Bestätigung und drückt das Kind seinen Widerwillen gegen die Behandlung aus, muss die Zustimmung eines Gerichts eingeholt werden.

Ausnahme: Notfall
Eine Ausnahme von diesem Einwilligungsprinzip besteht in Notfällen. Bei Lebensgefahr oder Gefahr von schweren gesundheitlichen Schäden, ist eine notwendige Behandlung im Einzelfall sogar gegen den Willen der Erziehungsberechtigten durchzuführen. Ist eine Behandlung im Interesse des Jugendlichen oder Kindes und stimmen die Eltern nicht zu, ist die Zustimmung durch eine gerichtliche Genehmigung zu ersetzen.
(§173 ABGB)

Besondere Rechte von Kindern und Jugendlichen gemäß der Patientencharta:
Auch die Patientencharta sichert Kindern und Jugendlichen besondere Rechte zu (Art 23 ff Patientencharta). Sie sind etwa immer ihrem Entwicklungsstand entsprechend aufzuklären und bei stationären Aufnahmen ist auf Wunsch und nach Möglichkeit eine Begleitperson mitaufzunehmen und diese auch so weit wie möglich an der Betreuung zu beteiligen. Außerdem sind Einrichtungen, Abteilungen und Bereiche, die überwiegend der Behandlung von Minderjährigen dienen, verpflichtet sie altersgerecht auszustatten (auch § 16b Abs 1 Z11 NÖ KAG).
Nach Möglichkeit hat die stationäre Aufnahme von unter Vierzehnjährigen getrennt von Erwachsenen zu erfolgen. In ihren Ausbildungen sollen die Angehörigen der Gesundheitsberufe (etwa Arzt/Ärztin, Pfleger/in,..) insbesondere auch darauf vorbereitet werden, auf die speziellen alters- und entwicklungsbedingte Bedürfnissen eingehen zu können.
Bei langen Aufenthalten ist dafür zu sorgen, dass schulpflichtige Kinder auch Unterricht erhalten können.

Gibt es in einem Krankenhaus eine Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, hat es eine Kinderschutzgruppe einzurichten. Dieser Kinderschutzgruppe obliegt insbesondere die Früherkennung von Gewalt an oder Vernachlässigung von Kindern und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für Gewalt an Kindern (§19f NÖ KAG)

Für Anfragen steht die NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft zur Verfügung: www.patientenanwalt.com.