FRÜHE HILFEN – ein präventives Angebot zur Förderung von Wohl, Schutz, Teilhabe und gesunder Entwicklung von Kindern

Frühe Hilfen sind ein gesundheitsförderndes und präventives Angebot zur Unterstützung von schwangeren Frauen und Familien mit Kleinkindern (vorrangig 0–3 Jahre). Sie richten sich insbesondere an Familien in belastenden Situationen – beispielsweise wegen Überforderung und Zukunftsängsten oder auch wegen Armut, sozialer Isolation, psychischen Belastungen usw.

Frühe Hilfen zielen darauf ab, Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitschancen von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft frühzeitig und nachhaltig zu verbessern. Neben alltagspraktischer Unterstützung wollen Frühe Hilfen insbesondere einen Beitrag zur Förderung der Elternkompetenzen von (werdenden) Müttern und Vätern leisten. Sie tragen in der Arbeit mit den Familien dazu bei, dass Ressourcen gestärkt und Belastungsfaktoren reduziert werden. Im Kern geht es darum, das Wohl und die Entwicklung des Kindes frühzeitig zu fördern, zum gesunden Aufwachsen von Kindern beizutragen und deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe zu sichern. (Haas & Weigl, 2017)

Regionale Frühe-Hilfen-Netzwerke stehen kostenlos und auf freiwilliger Basis zur Verfügung
Die Frühe-Hilfen-Netzwerke werden auf regionaler Ebene etabliert, sind leicht erreichbar und gut vernetzt. Sie bauen auf den verfügbaren Angeboten einer Region auf und versuchen, belastete Familien über die Sensibilisierung potentieller „Vermittler/-innen“ (Geburtsstationen, Gesundheitsberufe, Sozialeinrichtungen etc.) aktiv und systematisch zu erreichen und so den Zugang möglichst niederschwellig zu gestalten. Sie begleiten die Familien über einen längeren Zeitraum und unterstützen sie je nach Bedarf auf vielfältige Weise. Damit dies möglich ist, kooperieren bei Frühen Hilfen die unterschiedlichen Berufsgruppen und Angebote für die Zeit der frühen Kindheit in einem Netzwerk. Familienbegleiterinnen stehen den Familien als freiwilliges Angebot vor allem in Form von Hausbesuchen zur Seite und organisieren die jeweils benötigten Unterstützungsleistungen, die dann von den Netzwerkpartnern erbracht werden. Für die Familien ist dieses Angebot kostenlos und freiwillig. (Haas & Weigl, 2017)

Die Daten zeigen steigende Inanspruchnahme und hohe Akzeptanz
Im Jahr 2015 begann der breitere Auf- und Ausbau von Frühen Hilfen in Österreich. Aktuell sind österreichweit etwas mehr als die Hälfte der politischen Bezirke durch regionale Frühe-Hilfen-Netzwerke abgedeckt. In Niederösterreich stehen Frühe Hilfen mit „Netzwerk Familie“ im Raum Krems, St. Pölten, Tulln1und „Frühe Hilfen NÖ“ im Raum Baden, Lilienfeld, Mödling, Neunkirchen und Wr. Neustadt2 zur Verfügung.

Die steigende Zahl von Kontaktaufnahmen und begleiteten Familien zeigt den Bedarf und die Akzeptanz des Angebots. Im Zeitraum 2015 bis 2019 gab es rund 7.500 Kontaktaufnahmen (von 516 im Jahr 2015 auf 2.058 im Jahr 2019) bei den regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerken, fast 5.200 Familien wurden begleitet (von 554 im Jahr 2015 auf 2.320 im Jahr 2019); rund 4.000 dieser Begleitungen wurden in diesem Zeitraum wieder abgeschlossen. (Marbler et al. 2020)

Schwangere und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern in belastenden Lebenssituationen werden durch das Angebot der Frühen Hilfen oft sehr früh erreicht: mehr als ein Viertel der Begleitungen startet noch während der Schwangerschaft; mehr als die Hälfte der Kinder ist zu Beginn der Begleitung jünger als ein Jahr. Den regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerken gelingt es, Familien quer durch alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Erfreulich ist, dass insbesondere auch sozial benachteiligte Familien durch die Frühen Hilfen unterstützt werden können. Im Vergleich zum Anteil in der Gesamtbevölkerung werden (deutlich) mehr Alleinerzieher/-innen, Personen mit geringerer Bildung, armutsgefährdete Familien und Familien mit Migrationshintergrund durch die regionalen Netzwerke begleitet. (Marbler et al. 2020)

Familienfeedback und Evaluation belegen hohe Akzeptanz, Zufriedenheit und Nutzen
Im Feedback geben die begleiteten Familien eine hohe Zufriedenheit mit dem Angebot an. 98 % würden die Frühen Hilfen wieder nutzen bzw. anderen empfehlen. Vielen Dank für diese Möglichkeit eine Familienbegleiterin kostenfrei in Anspruch zu nehmen! Sie war uns eine große Hilfe und Unterstützung in schweren Zeiten, und ich bin sehr zufrieden und würde sie jederzeit weiterempfehlen!, schreibt beispielsweise eine Mutter aus NÖ im Feedback.

Auch die Evaluation (Schachner et al. 2017) bestätigt, dass es gelingt, die Ziele der Frühen Hilfen zu erreichen Der Großteil der Befragten berichtet, dass durch die Verringerung der Alltagsbelastungen und Aktivierung der familiären Ressourcen die Eltern-Kind-Bindung gestärkt und das Familienklima in vielerlei Hinsicht verbessert werden konnte. Zentral war es dabei oft, in einem ersten Schritt Ängste, Unsicherheiten und Überforderungen der Eltern abzubauen. Die meisten Familien berichten, dass sich ihr persönliches Netzwerk an Personen und Institutionen im Laufe der Begleitung positiv verändert hat. Viele der befragten Familien fühlen sich in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt bzw. konnten durch die Reduktion der Alltagsbelastungen (wieder) stärkeres Augenmerk auf die Erziehung des Kindes legen, was sich auch in einer positiven Entwicklung des Kindes niederschlägt. Das Evaluationsteam kommt insgesamt zum Schluss, dass Frühe Hilfen einen Beitrag zur Förderung der gesundheitlichen Chancengerechtigkeit leisten und Voraussetzungen für ein gesundes Aufwachsen schaffen.

Wichtig dafür ist es auch, dass es für die Familien leichter wird, Unterstützung in Anspruch zu nehmen und sie verstehen, dass sie mit ihrer Situation nicht alleine sind und auch nicht alleine gelassen werden. In den Worten von begleiteten Familien: Es ist gut zu wissen, dass meine Gefühle, Ängste, Sorgen normal sind! oder Durch die Frühen Hilfen habe ich das Gefühl mit meinen Problemen nicht alleine zu sein.

Sicherung des Kindeswohls als gemeinsames Ziel von Frühen Hilfen und Kinder- und Jugendanwaltschaft
Oberstes Ziel der Frühen Hilfen ist es, das Wohl der (begleiteten) Kinder zu sichern – Kinderschutz ist damit auch ein gemeinsames Ziel von Frühen Hilfen, Kinder- und Jugendanwaltschaft und Kinder‐ und Jugendhilfe.

Frühe Hilfen sind ein ausschließlich freiwilliges Angebot. Familien, in denen eine akute Gefährdung des Kindeswohls auf Grund von massiven Belastungsfaktoren angenommen werden muss, sind keine vorrangige Zielgruppe der regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerke – sie müssen von der Kinder- und Jugendhilfe betreut werden.

Da es sich bei den Frühen Hilfen um ein freiwilliges Programm zur Unterstützung von Familien handelt, kommt es in der Familienbegleitung nicht sehr häufig zu einem Verdacht auf mögliche Kindeswohlgefährdung. Das Thema hat dennoch einen hohen Stellenwert, da die Sicherung des Kindeswohls ein übergeordnetes Ziel der Frühen Hilfen ist. Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH.at) hat kürzlich auf Basis von entsprechenden Wünschen aus der Praxis der Frühen Hilfen den Bericht „Frühe Hilfen und Kinderschutz“ veröffentlicht. Die Publikation bietet eine Übersicht über Hinweise auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung in der Zeit von Schwangerschaft, Säuglingsalter und Kleinkindalter und Empfehlungen zur Vorgehensweise im Fall eines begründeten Verdachts auf Kindeswohlgefährdung.

Links:
Weiterführende Info zu Frühen Hilfen: https://www.fruehehilfen.at/
Überblick über das in Österreich verfügbare Angebot: https://www.fruehehilfen.at/de/Regionale-Netzwerke/Fruehe-Hilfen-Netzwerke.htm

Quellen (siehe auch https://www.fruehehilfen.at/de/Service/Materialien/Publikationen.htm)
Haas, Sabine; Weigl, Marion (2017): Frühe Hilfen: Eckpunkte eines „Idealmodells“ für Österreich 2017. Gesundheit Österreich GmbH
Haas, Sabine; Unger, Theresia; Weigl, Marion (2020): Frühe Hilfen und Kinderschutz. Hilfestellungen und Materialien. Gesundheit Österreich, Wien
Marbler, Carina; Sagerschnig, Sophie; Winkler, Petra (2020): Frühe Hilfen. Zahlen, Daten und Fakten 2019. Gesundheit Österreich, Wien
Schachner, Anna; Hesse, Nina; Rappauer, Anita; Stadler-Vida, Michael (2017): Umsetzung von regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerken in Österreich. Endbericht der summativen Evaluation. Berichtszeitraum: November 2015 bis März 2017. queraum. kultur- und sozialforschung, Wien.

https://www.noetutgut.at/vorsorge/netzwerk-familie/
http://argef.at/portfolio/fruehe-hilfen/